Fragmentierte Träume

Christoph Gassmann, 2005

Puzzle

Einige Träume weisen überhaupt keine lineare Abfolge von Ereignissen auf und sind daher schwer zu erinnern. Manchmal hüpft der Traum von einem Thema zum anderen und zurück. Manchmal erhalten wir den Eindruck, dass mehrere Traumthemen zugleich behandelt werden. Gelegentlich ist kein direkter Zusammenhang zwischen verschiedenen Traumbruchstücken zu erkennen. So erhalten wir unter Umständen den Eindruck, dass Träume blanker Unsinn sind und dass es sich nicht lohnt, solche Bruchstücke zu erinnern oder gar aufzuschreiben. Es gibt sogar die Meinung, dass alle Träume nur aus solch zusammenhangslosem Unsinn bestehen und einige Wissenschaftler halten sie für das Geblubber von einem schlecht funktionierenden, da schlafenden Gehirn. Da muss zuerst einmal richtig gestellt werden, dass es viele Träume gibt, die eine für uns verständliche  und zeitlich lineare Abfolge aufweisen. In ihnen ist unser Tagesbewusstsein mehr an der Traumkonstruktion beteiligt. Aber von diesen Träumen wollen wir hier nicht reden.

Teilchen in Blasenkammer

Ich bin der Meinung, dass auch die unverständlichen Traumfragmente es Wert sind,  erinnert oder gar aufgeschrieben zu werden. Sie zeigen uns nämlich, wie unser Bewusstsein auch noch funktionieren kann, dass es einen nächtlichen Bewusstseinsmodus gibt. Vom Tagesbewusstsein her sind wir uns zeitlich lineare Abfolgen gewohnt. Aber auch am Tag können wir uns einen Krimi im Fernsehen ansehen oder einen Roman lesen, der anders aufgebaut ist. Beide mögen aus Fragmenten zusammengesetzt sein, die langsam zu einem verständlichen Gesamtbild führen. Wir mögen uns einen Musik Videoclip ansehen, der keine wirkliche Geschichte erzählt, sondern in schneller Abfolge Bilder zeigt, die eine Stimmung, einen Rhythmus erzeugen. Genauso können Traumfragmente nach bestimmten Gesichtspunkten organisiert sein, die nicht unmittelbar erkennbar sind. So träumte ich kurz hintereinander von zwei Seilen. Im einen Fragment handelte es sich um eine Haltesignal- und um eine Notbremseschnur, die in einem Tram nahe und parallel beieinander lagen, im anderen Fragment bildeten die beiden parallelen Seile eine Strickleiter, die an einer Hausfassade hingen. Diesen Zusammenhang entdeckte ich erst nachträglich, als ich die Fragmente aufgeschrieben und später nochmals durchgelesen hatte. Als ich aufwachte nahm ich sie als unverständliche Bruchstücke war und hatte Mühe, sie überhaupt zu erinnern, da sie keinen erkennbaren Zusammenhang aufwiesen und keine lineare Geschichte erzählten.

So glaube ich, dass es diese Fragmente wert sind, erinnert zu werden. Wir trainieren so unser Tagesbewusstsein, sich besser auf unser Nachtbewusstsein einzustellen. Dadurch wird wiederum unsere Traumerinnerung verbessert. Dies kann gerade für Anfänger wertvoll sein, die mit der Traumerinnerung kämpfen. Für Fortgeschrittene können solche Fragmente Aufschluss geben, wie unsere unbewusste Seele fern vom täglichen Bewusstsein organisiert ist.

Christoph Gassmann, Horgen, Schweiz

Besuche mahl Christoph seine Website: traumring.info